Warum auch ein Therapeut nie auslernt

Für mich setzt sich die Gesundheit bzw. das Wohlbefinden des Pferdes aus drei Säulen zusammen: Aus dem Inneren Wohlbefinden (Organe, Gesundheitszustand,...), dem Exterieur des Pferdes (Gelenke, Knochen, Wirbel, Sehnen, Bänder) und den äußeren Umständen (Haltung, Futter, Stall, Reiter,...).

 

Natürlich ist es eine utopische Wunschvorstellung auf all diese Dinge Einfluss nehmen zu können und für eine einzelne Person oder auch den Besitzer eines Pferdes kaum machbar. Dazu müsste man dann idealerweise jede pferdespezifische Ausbildung absolviert haben und am Besten noch einen eigenen Stall mit eigenem Heu besitzen und ggf. das Kraftfutter auch noch selbst herstellen.
Als mir klar wurde, dass ich beruflich mit Pferden arbeiten wollte, habe ich mich deshalb lange damit beschäftigt, was ich selbst gut kann, welche Berufe dann für mich Infrage kommen würden und wie ich einen kleinen Teil aller drei Säulen abdecken kann.
Ich startete mit der Ausbildung zum Tierheilpraktiker, da ich mir sicher war, dabei sehr viel über die Tiere selbst (Fütterung, Anatomie, Physiologie,...) zu lernen und auch über Heilmöglichkeiten (TCM, Homöopathie,...). Leider wurde mir während der Ausbildung und auch bei anfänglichen Arbeiten am Pferd selbst ziemlich schnell bewusst, dass mir dieses Wissen bzw. diese Ausbildung allein für mein Empfinden nicht reicht.
Es war einfach zu frustrierend  zu sehen, dass man zu einem Kunden kommt und sieht, dass das Pferd z.B. lahmt und man dann dem Kunden aber ehrlich ins Gesicht sagen muss, dass man dem Pferd zwar bei seinen gesundheitlichen Problemen helfen, aber nichts gegen dessen Lahmheit unternehmen kann.
Also entschloss ich mich dazu die Ausbildung als Pferdeosteopath zu beginnen.

Sowohl während der Ausbildung als auch während meiner Selbstständigkeit stellte ich fest, dass die die Tierheilpraxis und die Osteopathie sehr viele Verknüpfungen haben.
Ich ertappte mich selbst dabei, dass ich ,sinnbildlich gesprochen, nicht wie eigentlich davor angenommen  in einem Schubkastensystem arbeite, sondern alles gemeinsam "auf einen Tisch werfe" und dann an Hand von den Gegebenheiten des Patienten und der Ganganalyse entscheide, welche Behandlung für mich selbst am zielführendsten erscheint. Es kam bzw. kommt schon oft vor, dass ich  als Osteopath gerufen werde und  dann als Tierheilpraktiker behandle oder auch anders herum.

Gerade der Rücken der Pferde hat sich hierbei als Paradebeispiel herausgestellt.
Oft kommt man zu einem Besitzer, der einem über Rückenschmerzen bzw. -Probleme von seinem Pferd berichtet.

Aus Sicht der Tierheilpraxis bzw. der traditionellen chinesischen Medizin weiß ich, dass die wichtigen SHU-Punkte (einzelne Organpunkte) fast direkt neben der Wirbelsäule entlang des Rückens liegen. Aus Sicht des Pferdeosteopathes weiß ich aber auch, dass sich muskuläre Verspannungen durch verschobene Wirbel und somit Dornfortsätze bilden können.
Würde ich nun in Schubkästen denken würde ich entweder nach SHU-Punkten suchen, bei denen das Pferd empfindlich reagiert oder eben die Dornfortsätze nach Verschiebungen untersuchen. Behandle ich dann nur eins von Beiden, ohne mir Gedanken über das Andere gemacht zu haben, kann es durchaus sein, dass der Besitzer mit meiner Arbeit nicht zufrieden ist bzw. das Problem nicht gelöst wurde.

Es kann aber natürlich auch sein, dass der Sattel nicht richtig liegt und sich deshalb die Verspannungen bilden.
Für mich war deshalb schon während meiner zweiten Ausbildung klar, dass diese in meinen Augen keine separate darstellt, sondern ich lediglich mehr Möglichkeiten kennenlerne dem Pferd zu helfen und ich auch mehr Probleme innerhalb meiner drei Säulen abdecken kann.

Natürlich kann es auch Momente bzw. Patienten, bei denen man vielleicht nicht helfen kann, aber dann muss man sich das selbst eingestehen und seine Koffer wieder packen und fahren. Denn nichts ist schlimmer, als einem Pferdebesitzer falsche Hoffnungen zu machen obwohl man weiß, dass man eigentlich nicht helfen kann. Ich selbst habe für mich entschieden, dass ich einfach einen möglichst großen "Werkzeugkoffer" haben muss, um einem Pferd ideal helfen zu können.

Natürlich sollte man aber auch jedes "Werkzeug" in diesem Koffer in und auswendig kennen, damit einem ein großer Koffer bzw. all diese Möglichkeiten auch etwas bringen. 

 

Ich habe mich lange mit der Thematik Sattel beschäftigt und habe mir viel Zeit gelassen, bevor ich überhaupt mit dem Gedanken gespielt habe zusätzlich selbst Sättel abzuändern. Als ich für mich selbst so weit war, dass ich für mich sagen konnte, dass ich weiß wie der Sattel abgeändert werden muss, hat mir der Zufall dann die Möglichkeit in die Hand gespielt, auch noch zu lernen wie man den Sattel selbst abändert. Für mich war es eine super und sicher auch einmalige Chance mein Repertoire zu erweitern und mich selbst weiterzubilden. Mir war aber auch bewusst, dass ich nicht einfach ein weiteres Werkzeug in meine Kiste werfen kann, sondern auch dieses erst ausführlich kennenlernen muss. Denn fängt man einmal an auf einem Gebiet schlampig zu arbeiten bzw. zu arbeiten ohne sich absolut sicher zu sein, dass das ,was man macht, Hand und Fuß hat, läuft man Gefahr den gesamten Rest mit in den Dreck zu ziehen. Also ließ ich mir erst alles ausführlich in der Theorie, sprich ohne Pferd und nur mit Sattel und Werkzeug, erklären und zeigen. Anschließend suchte ich mir im Bekannten- bzw. Freundeskreis Personen, die bereit waren mich üben zu lassen. Aber erst als ich bei einer von mehreren Touren, bei denen ich mit der Sattlerin, die mir alles gezeigt hat, mitfuhr, von ihr das OK bzw. die Bestätigung bekam, dass auch sie meint, dass ocj so weit wäre habe ich die Sattelkunde ebenfalls in mein Repertoire integriert.
Ich lebe bzw. arbeite einfach nach zwei Mottos:
Wenn du etwas machst, dann mache es gscheid.

Und

Wer rastet der rostet.

Wir leben in einer Welt, in der es ständig Neuerungen und Weiterentwicklungen gibt. So ist es auch beim Thema Pferd. Es wäre von mir naiv zu glauben, dass ich nach meinen Ausbildungen nie wieder etwas lernen muss oder mich weiterbilden muss. Deshalb suche ich immer nach neuem Input, damit ich für meine Kunden und für die Pferde selbst ideal da sein  und ich ihnen bei möglichst vielen Problemen weiterhelfen kann.

 

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